Der Begriff Mehl im engeren Sinne bezeichnet das durch das Mahlen von Getreidekörnern entstehende Pulver. Mehl wird aus den Getreidesorten Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse, Mais und Reis gewonnen. Allein backfähig sind jedoch nur die Mehle aus Weizen, Dinkel und Roggen (Brotgetreide). Im weiteren Sinne werden auch andere pulverförmige Produkte eines Mahlvorgangs (wie z.B. Fischmehl, Quarzmehl, Sägemehl usw.) als Mehl bezeichnet.
Herstellung
Mehl entsteht, wenn Getreidekörner zwischen Mahlwalzen im Walzenstuhl (früher: Mühlsteinen) einer Mühle zerkleinert werden. An jede Zerkleinerung schließt sich eine Siebung und Sichtung im Plansichter an, um die verschiedenen Partikelgrößen zu trennen. Alles, was dabei kleiner als 180 µm ist, wird gleich als Mehl abgezogen. Grieße werden der Grießputzmaschine zugeführt, Schrote werden meist abermals auf einen Walzenstuhl geleitet.
Getreide kann unterschiedlich fein gemahlen werden. Je nach Produktführung fallen außer dem Mehl unterschiedliche Mengen an Schrot, Grieß und Dunst an (Kuppelproduktion). Mehle und Schrote können auch durchgemahlen werden, d. h. es wird kein Mehl vorher herausgezogen. Dann entstehen Vollkornmehle und -schrote. Auch der Nährstoffgehalt des Mehls hängt von dem Mahlgrad ab.
Zusammensetzung
Mehl mit hohem Ausmahlungsgrad ist dunkel und reicher an Vitaminen (vor allem B-Vitamine) und Mineralstoffen, da ein hoher Anteil der Schale (man nennt sie auch Kleie) mit gemahlen wird. Mehl mit niedrigem Ausmahlungsgrad ist hingegen hell und reich an Stärke, die im gemahlenen Getreidekern enthalten ist. Neben Kohlenhydraten besteht Mehl vor allem aus Protein – beim Weizen der so genannte Kleber (Gluten). Außerdem aus unverdaulichen Ballaststoffen – im Wesentlichen Zellulose – und ca. 15 % Wasser.
Die typische Partikelgröße von Mehl liegt unter 180 µm. Man spricht im Zusammenhang des Ausmahlungsgrades auch von Auszugsmehl und ordnet die Helligkeit des Mehles, z. B. bei Weizen, Dinkel oder Roggen, standardisiert nach DIN 10355, einer so genannten Type zu.
Mehltypisierung
Typisierung in Deutschland nach DIN
Die Ermittlung der Type bzw. Helligkeit erfolgt durch die Bestimmung des Mineralstoffgehaltes. Niedrige Mehl-Typen wie 405 sind – mit geringem Mineralstoffgehalt – sehr hell, hohe Typen wie 1800 sehr dunkel und reich an Mineralstoffen. Die Typenzahl bezeichnet hierbei den Mineralstoffgehalt in Gramm pro 100 Kilogramm wasserfreiem Mehl. Unter Laborbedingungen wird hierzu eine geringe Menge des Mehls bei 900 °C im Muffelofen verbrannt. Die verbleibenden (nichtbrennbaren Bestandteile) entsprechen im Wesentlichen der Mineralstoffmenge des Mehles. Fälschlicherweise werden diese Bestandteile deshalb auch umgangssprachlich als „Aschegehalt des Mehls“ bezeichnet.
Zur Typisierung von Mahlerzeugnissen gilt in Deutschland seit 1992 die DIN-Norm 10355. Die Mehltype gibt den Mineralstoffgehalt in mg je 100 g Trockenmasse an.
Mehltypen nach DIN 10355
Mehltype |
Backeigenschaften |
Mindestmineralstoffgehalt
(% i. Tr.) |
Höchstmineralstoffgehalt
(% i. Tr.) |
Weizenmehl |
Type 405 |
bevorzugtes Haushaltsmehl, gute Backeigenschaften |
– |
0,50 |
Type 550 |
backstark für feinporige Teige und als Vielzweckmehl verwendbar |
0,51 |
0,63 |
Type 812 |
für helle Mischbrote |
0,64 |
0,90 |
Type 1050 |
für Mischbrote oder herzhafte Backwaren im Haushalt |
0,91 |
1,20 |
Type 1600 |
für dunkle Mischbrote |
1,21 |
1,80 |
Weizenbackschrot 1700 |
ohne Keimling |
– |
2,10 |
Roggenmehl |
Type 815 |
nur seltene Verwendung, meist in Süddeutschland,
für helle Roggenbrote |
– |
0,90 |
Type 997 |
für Mischbrote, regional unterschiedlich verbreitet |
0,91 |
1,10 |
Type 1150 |
für Mischbrote, regional unterschiedlich verbreitet |
1,11 |
1,30 |
Type 1370 |
typisches „Bäckermehl“ für herzhafte
Roggen- und Roggenmischbrote |
1,31 |
1,60 |
Type 1740 |
typisches „Bäckermehl“ für herzhafte
Roggen- und Roggenmischbrote |
1,61 |
1,80 |
Roggenbackschrot 1800 |
ohne Keimling |
– |
2,20 |
Dinkelmehl |
Type 630 |
|
– |
0,70 |
Type 812 |
|
0,71 |
0,90 |
Type 1050 |
|
0,91 |
1,20 |
Vollkornmahlerzeugnisse enthalten die gesamten Bestandteile der gereinigten Körner einschließlich des Keimlings und sind daher nicht typisiert. Backschrot unterscheidet sich von Vollkornschrot dadurch, dass es keinen Keimling mehr enthält.
Da Getreide als Naturprodukt in Abhängigkeit von Klima und Witterung großen Schwankungen in Qualität und Zusammensetzung unterliegt, werden die daraus gewonnenen Mehle oftmals gemischt, so dass sie neben der Helligkeit (Type) auch bestimmten mechanischen und enzymatischen Spezifikationen entsprechen. Diese sind entscheidend für die Backfähigkeit des Mehles.
Typisierung in Österreich
Die DIN-Typisierung ist in Österreich nicht gültig. Es wird eine Einteilung in glatt, universal, griffig, doppelgriffig verwendet.
Vergleich der Mehltypenbezeichnungen zwischen Österreich und Deutschland: [Bearbeiten]
Mehlsorte: |
Deutschland: |
Österreich: |
Weizenmehl für feine Backwaren, z.B. Kuchen |
Type 405 |
Type W480 |
Weizenmehl mit höchster Klebereigenschaft |
Type 550 |
Type W700 |
Weizenmehl dunkel |
Type 1050 |
Type W1600 |
Weizenmehl mit vollem Kornanteil |
Vollkornmehl |
Vollkornmehl |
Roggenmehl fein |
Type 815 |
Type R500 ("Vorschuss") |
Roggenmehl normal |
Type 997 (helles Roggenmehl) oder Type 1150 |
Type R960 ("Normal") |
Zusatzstoffe (Mehlbehandlungsmittel)
Deklaration
Bei Fertigpackungen, die an den Endverbraucher abgegeben werden, muss die Mehlbehandlung in der Zutatenliste deklariert werden. (Ausnahme: Enzyme)
Beispiel Weizenmehl, Liste der Zutaten:
- Weizen
- Mehlbehandlungsmittel: L-Ascorbinsäure
Chemische Konservierung oder das Bleichen von Mehlen beziehungsweise Einfärben ist nach deutschem Lebensmittelrecht nicht erlaubt.
Ascorbinsäure
Oftmals wird Weizenmehlen Ascorbinsäure (Vitamin C, auch E 300) zugesetzt. Dies hat technologische Gründe: Ascorbinsäure festigt die Kleberstruktur und sorgt damit für bessere Backergebnisse. Ascorbinsäure wirkt aber auch als Konservierungsmittel. Als Antioxidans bindet es den Sauerstoff im Mehl. Es wirkt dem durch Sauerstoff unterstützen Abbau der im Mehl enthaltenen Fettsäuren entgegen, die aus dem Keimling stammen. Während des Backprozesses wird die Ascorbinsäure vollständig zerstört, da sie nicht hitzebeständig ist. Ohne Ascorbinsäure ist Mehl nur sehr begrenzt lagerfähig.
Amylasen
Biotechnologisch hergestellte Amylasen (aus Bakterien- beziehungsweise Schimmelpilzkulturen) werden als Mehlbehandlungsmittel eingesetzt, wenn das Mehl arm an stärkeabbauenden Enzymen ist und damit seine Gasbildefähigkeit beim Backen zu gering ausgeprägt ist. Durch die Amylasen entstehen vergärbare Einzel- und Doppelzucker, die bei der Gare durch Backhefepilze in Ethanol und Kohlendioxid umgewandelt werden und somit den Teig aufgehen lassen. Außerdem erhalten die Gebäcke nach der Behandlung eine bessere Bräunung.
Proteinasen
Biotechnologisch hergestellte Proteinasen (aus Bakterien- beziehungsweise Schimmelpilzkulturen) werden als Mehlbehandlungsmittel eingesetzt, wenn die Kleberstruktur eines Weizenmehles zu straff ist und das Klebergerüst ein ausreichendes Aufgehen des Teiges verhindert. Die Anwendung kam ursprünglich aus den USA, wo es bei traditionell sehr starken Klebern schwierig ist, Hartkeks- oder Crackermehle herzustellen. Proteinasen spalten die Aminosäureketten des Klebers auf und sorgen so dafür, dass der Kleber weicher und elastischer wird. Außerdem spalten Proteinasen endständige -NH2-Gruppen ab, was die Aromabildung im Gebäck verbessert.
Backtechnisch wirksame Aminosäuren
- Mit Cystein (E920) behandelte Mehle wirken funktionell ähnlich wie mit Proteinasen behandelte. Die aus diesem Mehl hergestellten Teige erweichen im Vergleich zum nicht behandelten Referenzteig.
- Mit Cystin behandelte Mehle wirken von der Tendenz her wie Ascorbinsäure behandelte. Die aus diesem Mehl hergestellten Teige sind straffer als Referenzteige mit unbehandeltem Mehl.
Verwendung
Mehl wird als Basis von Teigen zur Herstellung von Backwaren oder Teigwaren verwendet. Aus 100 kg Mehl können ca. 3000–4000 Brötchen hergestellt werden. Die Mehlmenge in einem Teig dient Bäckern als rechnerische Basis zur Bestimmung der anderen Zutaten. Man spricht von „Ausbeuten“, wobei die Mehlmenge immer als Bezugsgröße von 100 % herangezogen wird. Je nach zugegebener Wassermenge ist die Teigausbeute bei verschiedenen Backwaren unterschiedlich.
Mehl ist auch der Ausgangsstoff für die Mehlsuppe, ein traditionelles Fasnachtsgericht insbesondere in der Schweiz. Dabei wird das Mehl zusammen mit Fett in der Pfanne angeröstet damit es die typische braune Farbe bekommt. In Deutschland ist dieses Verfahren in der traditionellen Küche auch unter der Bezeichnung Mehlschwitze, in Österreich unter Einbrenn bekannt.
Lagerung
Mehl wird sachgerecht bei unter 20 ˚C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von unter 65 % gelagert. Unter diesen Bedingungen sind helle Mehle (bis ca. Type 812) etwa 1 Jahr bis 1½ Jahre, dunklere Mehle (bis Type 1050 oder Type 1370) etwa sechs bis acht Monate und Vollkornprodukte etwa sechs bis acht Wochen ohne Qualitätsverluste lagerbar. Bei längerer Lagerdauer setzt vor allem der Abbau von Fettsäuren (aus dem Keimling und den Schalen) ein und das Mehl beginnt ranzig zu werden.
Wenn Mehl dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt wird, zersetzen sich die Mehlfarbstoffe sehr schnell und das Mehl bleicht aus.
Sonstiges
Die Melberei (von mittelhochdeutsch mel für Mehl) ist eine bayerisch-österreichische Bezeichnung für eine Mehlhandlung. Der Mehlhändler wird Melber genannt. Der Ausdruck ist nicht mehr gebräuchlich, lebt aber in vielen Familiennamen weiter. Eine Beschreibung einer Melberei und Nudelhandlung gegen Ende des 19. Jahrhunderts findet sich in der Autobiographie "Stufen des Lebens" von Fritz Schumacher.