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Windmühlen in West-Sibirien um 1910
Eine Windmühle ist ein technisches Bauwerk, das mithilfe seiner vom Wind in Umdrehung versetzten Flügel Arbeit verrichtet. Am bekanntesten ist die Nutzung der Windmühlen zum Mahlen von Getreide zu Schrot und Mehl. Windmühlen waren lange Zeit, neben den an Standorten mit nutzbarer Wasserkraft häufiger anzutreffenden Wassermühlen, die einzige Arbeitsmaschine der Menschheit. Entsprechend vielfältig war ihre Verwendung als Mahlmühle, als Ölmühle, zur Verarbeitung von Werkstoffen (etwa als Sägewerk) und als Pump- oder Schöpfwerk. Erst die Entwicklung der Dampfmaschine im 19. Jahrhundert brach langsam die Vorherrschaft dieser mit Primärenergie betriebenen Maschinen. Die klassische Windmühle mit rechteckigen, länglichen Flügeln ist in Europa sowohl im windigeren Flachland der nördlichen Regionen als auch an der Meeresküste im Mittelmeerraum weit verbreitet.
Geschichte
Herons windangetriebene Orgel (Rekonstruktion, hier mit einem typischen abendländischen Windrad)
Windmühlen in Kinderdijk (Niederlande) zum Pumpen von Wasser
Frühzeit
Die Beschreibung einer Orgel, die von einem Windrad angetrieben wird, ist der erste dokumentierte Fall einer Nutzung des Windes zum Antrieb von Maschinen. Sie stammt von dem griechischen Erfinder Heron von Alexandria, der im 1. Jahrhundert nach Christus lebte. [1] [2] Diese Windmühlen, die sich von der abendländischen Bauweise durch eine aufrecht stehende Rotationsachse und durch die auf einer horizontalen Drehkreisebene umlaufenden, ebenfalls senkrecht stehenden Flügel, Schaufeln oder Segel unterscheiden, waren nach den Berichten von islamischen Geographen im 9. Jahrhundert im östlichen Persien in Gebrauch.[3]. Eine weitere Bauart mit vertikaler Rotordrehachse und horizontaler Drehkreisebene kennt man als chinesische Windmühle oder chinesisches Windrad. Die Technik der chinesischen Windmühle weicht von der Bauweise der Persischen Windmühle dadurch ab, dass man bei dieser statt der Matten oder Lattenflügel, welche als Widerstandsläufer nur den Widerstand der dort Schaufelrad-ähnlichen Flügel gegen die Luftströmung nutzen, richtige Segel als sogenannte Auftriebsläufer gebrauchte. Diese Segel sind als Dschunkensegel bekannt; die europäische Variante ist das Luggersegel. Dieses kann sich von selbst zur Windrichtung optimal einstellen. Somit waren die chinesischen Windmühlen, von denen man annimmt, dass ihre Geschichte bis 1500 vor Christus zurückreicht, technisch schon sehr weit fortgeschritten. Da davon alte Originalfotos existieren,[4] auf denen diese Windmühlen beim Bewässern von Feldern zu sehen sind, ist zu vermuten, dass diese Form der Nutzung von Windkraft möglicherweise über drei Jahrtausende hinweg ununterbrochen praktiziert wurde. Die Windmühlen mit horizontal liegender Rotordrehachse sind ab 1180 in Flandern, Südostengland und der Normandie nachgewiesen. [5]
Mittelalter
So standen der Wirtschaft in Europa bis zur Entwicklung der Verbrennungs- und Elektromotoren im 19. Jahrhundert neben den schon vorhandenen Wassermühlen auch Windkraftmaschinen zur Verfügung, die vielfältig eingesetzt wurden. Dabei fanden die Wassermühlen vorrangig an den Wasserläufen im Mittelgebirge ihre Anwendung, während die Windmühlen in der Ebene an hinreichend windigen Plätzen standen. Im Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren Windmühlen als Bock- und Turmwindmühlen in immenser Zahl über ganz Europa verteilt – überall dort, wo der Wind ausreichend wehte. Stiche und Holzschnitte aus Mittelalter und Neuzeit zeigen eindeutig ihre starke Verbreitung. Sie waren im Wesentlichen nördlich der Mittelgebirge im windigen nordeuropäischen Tiefland, in großen Teilen Frankreichs, den Beneluxländern mit Schwerpunkt Niederlande als Küstenland (das einst 10.000 Windmühlen zu verzeichnen hatte), Großbritannien, Polen, den Baltischen Staaten, Nordrussland und Skandinavien zu finden. Außerhalb davon finden sich nur vereinzelt Windmühlen. In Südeuropa (Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Balkan und Griechenland) fanden die typischen Turmwindmühlen mit flachem Kegeldach und meist feststehender Kappe Verbreitung, sei es mit Segelgatterflügeln ähnlich denen in Mitteleuropa oder Segelstangenflügeln mit aufgezogenen Dreieckssegeln.
Mühlen standen lange unter dem Mühlenbann der jeweiligen Landesherren. Die Bevölkerung war gezwungen, die so genannte Bannmühle aufzusuchen, um dort ihr Getreide mahlen zu lassen. In Zusammenhang mit einem schlechten Wegenetz führte das zu lokalen Wirtschaftskreisläufen, in die die Mühlen eingebunden waren. Mit der Aufhebung des Banns war die Bevölkerung in der Lage, ihre bevorzugte Mühle selbst zu wählen und so die Konkurrenz und damit auch die technische Entwicklung zu beleben.
Technisches Zeitalter
Nachdem in Preußen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Gewerbefreiheit eingeführt wurde, kam es zu einem letzten Aufschwung der Windmühlenindustrie. Mit der Zahl der selbständigen Meister stieg sprunghaft die Anzahl der Windmühlen. Zu dieser Zeit waren die Windmühlen auch in den gebirgigen, südlichen Landesteilen verbreitet. So zum Beispiel im Mittelrheintal (Neuwieder Becken), auf windigen Anhöhen der südlichen Mittelgebirge. An diesen Standorten half ihnen eine kältere Wetterperiode, die zu vermehrtem Wind führte (siehe Kleine Eiszeit). Nach Zählungen der Preußischen Regierung waren 1895 im Deutschen Kaiserreich noch 18.362 Windmühlen und 54.529 Wassermühlen in Betrieb, wobei bei den erstgenannten 97 % und bei den zweiten knapp 60 % Getreidemühlen waren. Dem standen damals 58.530 Betriebe gegenüber, die mit Dampfkraft arbeiteten. Die 1785 erstmals erbaute Dampfmaschine setzte sich nur langsam durch.[6] Danach wurde die Konkurrenz erheblich stärker. Da Windmühlen jetzt nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten, ging ihre Verbreitung stark zurück. Das so genannte „erste Mühlensterben“ setzte ein. Heute gibt es in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland keine Windmühlen mehr, in Hessen zwei Standorte, einer davon ist ein Museumsstandort (siehe Freilichtmuseum „Hessenpark“).
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten die noch bestehenden Windmühlen eine kurze Blütezeit, da mangels Treibstoff, Elektroenergie und intakten Antriebsmaschinen keine Alternativen bestanden, die benötigten Maschinenleistungen zu erbringen. Dieser Aufschwung ging jedoch in Westdeutschland in den 1950er Jahren vor allem durch das Mühlengesetz zu Ende, indem sich die Müller der unliebsamen Konkurrenz der Windmühlen durch Kopfgeld entledigten („zweites Mühlensterben“).
In den 1980er Jahren entwickelte sich in Westdeutschland eine Restaurierungswelle aufgrund der Wiederentdeckung der alten Kulturtechnik. Viele Windmühlen wurden mit neuem Leben als technisches oder produzierendes Denkmal erweckt. Weitere Nutzungen als Museum, als Restaurant, als Vereinsmühle zur Dorfbilderhaltung oder zu Wohnzwecken wurden umgesetzt. Die dabei geleistete technische Restaurierung war nicht immer korrekt und von vielen Improvisationen getragen, da der Beruf des Windmühlenbauers im Rahmen des Mühlengesetzes in den 1950er Jahren aus der Handwerksrolle gestrichen wurde. Damit verschwand auch das Fachwissen dieses Berufstandes und musste erst wieder mühsam erarbeitet werden.
In Ostdeutschland wurde durch die Kollektivierung die Anzahl der privat betriebenen Mühlen reduziert. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands konnten die vielen noch vorhandenen Kleinmühlen sich gegen die neue Konkurrenz nicht behaupten und erloschen als Gewerbemühlen. Heute gibt es im wiedervereinigten Deutschland rund 1.400 Wind- und Wassermühlen, die jährlich am Deutschen Mühlentag zu Pfingsten teilnehmen.
In den Niederlanden waren bis Ende des 19. Jahrhunderts mehr als 10.000 Windmühlen im Einsatz, deren Bestand inzwischen auf etwa 1.000 geschrumpft ist. In den USA sollen um 1880 etwa sechs Millionen Windkrafträder zum Wasserpumpen im Einsatz gewesen sein, Anfang des 21. Jahrhunderts sind es nur noch 15.000.
Funktion
Energienutzung am Beispiel einer Galerieholländermühle (Britzer Mühle)
Abnahme der Energie vom Stirnrad auf ein Korbrad beim obenangetriebenen Mahlgang, hier zu Wartungszwecken ohne Bütte
Technisch gesehen ist eine Windmühle eine Vorrichtung, die die im Wind enthaltene kinetische Energie als mechanische Kraft nutzbar macht. Dazu entnehmen Windmühlen mit ihren Flügeln aus dem Wind die Energie und wandeln diese in Rotationsenergie um. Dazu müssen die Flügel so in den Wind gedreht werden, dass dieser von vorne auf die Flügel blasen kann und sie in Bewegung versetzt werden. Die auf diesem Weg gewonnene Rotationsenergie wird über eine Flügelwelle in das Mühlengebäude geführt.
Auf dieser vorne leicht angehobenen Welle sitzt ein großes Kamm- oder Zahnrad. Von diesem wird die Energie in einer ersten Übersetzung mit einer Arbeitswelle abgenommen und nach unten in das Gebäude geleitet. Mit dieser sich drehenden Welle befindet sich die Energie nun im Gebäude und kann jetzt für die mechanische Arbeit genutzt werden. Bei Bockwindmühlen geschieht dies meist direkt mit einem Korbrad auf den Mahlgang, bei Holländerwindmühlen wird die Energie erst über eine Königswelle aus der drehbaren Kappe ins feste Mühlengebäude nach unten geführt. Dort wird über eine weitere Getriebestufe der Mahlgang mit einem Korbrad angetrieben. Bei anderen Mühlennutzungen kann von den drehenden Wellen die Energie zum Betrieb der benötigten Maschinen in der Mühle mittels Zahnrädern, Schleif- und Reibscheiben oder Flachriemen abgenommen werden. Je nach Auslegung der Windmühle als Mahl-, Stampf-, Hammer-, Sägemühle oder weiteren Anwendungen sind dies unterschiedliche Maschinen.
Abweichend von den so beschriebenen Systemen gab es auch Windmühlen mit vertikaler Rotationsachse und senkrecht stehenden, auf einer horizontalen Drehkreisebene umlaufenden Blättern, Schaufeln oder Segeln. Sie haben den Abnahmepunkt der Rotationsenergie von der vertikal stehenden Rotor- und Hauptwelle meist unten an der Bodenlagerung des Rotors angeordnet. Dort befinden sich die dem Verwendungszweck entsprechenden Einrichtungen wie zum Beispiel ein Mühlstein oder eine Hebevorrichtung für die Bewässerung von Feldern. Diese Systeme gab es als historische Windmühle nur im orientalischen und asiatischen Raum.
Anwendungsgebiete
Ursprünglich wurden Windmühlen als Kornmühlen zum Zerkleinern (Mahlen und Schroten) von Getreide, Schälen (Pelden) von Gerste (Graupen) und Reis verwendet. Besonders das Mahlen und Schälen war eine tägliche, kräftezehrende Arbeit auf dem Reibstein in Kleinmengen, die mit Hilfe der Windmühlen nun effektiver und kräfteschonender gestaltet werden konnte. Später wurde das Mahlen und Zerkleinern auf andere Stoffe ausgedehnt – es entstanden Öl-, Senf-, Gewürz-, Farb- (Zerkleinern und Mischen von Mineralien und Erde), Steinschrot-, Pulver-, Gips-, Kreide-, Schnupftabakmühlen, weiterhin Dreschmühlen, Häckselmühlen, Lohmühlen, in denen Eichenrinde zur Gerbsäuregewinnung für die Lederindustrie gestampft wurde. Hinzu kamen weitere werkstoffverarbeitende Anwendungen als Schleifmühlen, Säge- und Hammermühlen für Holz und Metall, seit dem 14. Jahrhundert Drehbankmühlen, später Bohrmühlen (Rohre), Drahtziehmühlen, Walz- und Schneidemühlen zur Blechverarbeitung. Im 16. Jahrhundert waren in Europa mehr als 40 mühlenbetriebene Fertigungsprozesse bekannt. Auch zur Bergwerksbelüftung wurden Mühlen herangezogen. In den küstennahen Gebieten der Niederlande kamen Windmühlen als Schöpf- und Pumpmühlen ab dem Jahre 1394 zur Entwässerung zum Einsatz und nutzten das lange bekannte Prinzip der Archimedischen Schraube. Damit wurde das Wasser aus den Poldern in mehreren Stufen über die Dämme gehoben und die eingedeichten Flächen entwässert. In Ost- und Nordfriesland fanden sie zur Trockenlegung („Trockenmahlen“) von Moorflächen Anwendung. Eine weitere Pumpanwendung war das Anheben von Sole zur Berieselung von Gradierwerken (Kuranwendung und Soleaufkonzentrierung für die Salzgewinnung).
Die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) hat in einer Zusammenstellung über die Nutzung von Windmühlen 150 verschiedene mechanische Tätigkeiten, von A wie Abpumpmühle bis Z wie Zwirnmühle ermittelt.
Standorte
Windmühlen waren aufgrund der von ihr zu benutzenden Energie nicht immer im Dorf anzusiedeln, sondern außerhalb auf Bergrücken, auf freiem Feld etc., eben da, wo der Wind weht. Da der Windmüller meist in der Nähe seiner Arbeitsstätte ein Müllerhaus hatte, lagen Betriebsstätte und Wohnung des Müllers zumeist außerhalb der Dorfgemeinschaft. Dazu kam, dass Windmüller keine geregelten Arbeitszeiten kannten, sie mussten mahlen, wann der Wind wehte, also zu allen Tages- und Nachtzeiten, unter der Woche und am Wochenende. Das machte sie für die Dorfgemeinschaft manchmal etwas suspekt. Als es im 18. Jahrhundert zur Gründung von Zünften kam, gelang es den Windmüllern erst sehr spät, diese Vorurteile zu überwinden, und eine eigene Zunftgemeinschaft zu begründen.
Europäische Windmühlentypen nach Bauart
Mit der zunehmenden technischen Entwicklung bildeten sich in Europa mehrere Windmühlentypen heraus, die sich in ihrer Bauart unterschieden. Die Neuentwicklungen verbreiteten sich zunächst regional – immer stark durch die jeweiligen Mühlenbaumeister geprägt – und erst im Laufe der Zeit fand eine überregionale Verbreitung statt. Durch die lokalen Besonderheiten gab es immer wieder Sonderformen wie zum Beispiel eine Kokerwindmühle mit Galerie. Sie werden anschließend in der Reihenfolge der geschichtlichen Entwicklung besprochen.
Flutter
Flutter-Mühle bei der „Moorseer Mühle“ in Nordenham
Die Fluttermühle oder der Flutter, abgeleitet von fries. fletta = bewegen (ndl. tjasker), ist die einfachste und kleinste Bauart einer Windmühle und dient dem vertikalen Wassertransport und der Entwässerung.
Die Mühle wurde im 16. Jahrhundert in Holland erfunden, diente dort zur Einpolderung und in Ostfriesland zur Entwässerung von Feuchtgebieten und war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, durch moderne Pumpwerke verdrängt, beinahe verschwunden. Heute existieren in Norddeutschland wieder eine Handvoll in Museen und im Einsatz zur Wiederbefeuchtung von Biotopen. In Nordholland stehen noch 25 dieser Mühlen, 11 davon in Friesland.
Im Wesentlichen besteht der Flutter aus einer Archimedischen Schraube und einem kleineren Windflügelkreuz (1,5 m – 7 m) mit Brett- oder Segelgatterflügeln (siehe unten). Dieses sitzt unmittelbar am oberen Ende der Archimedischen Schraube; direkt am Wellkopf hinter den Flügeln stützt ein kleiner Bock unter einem Winkel von um die 30 ° das gesamte Gerät. Das untere Ende der Archimedischen Schraube ragt in den Wassergraben, aus dem das Wasser gehoben und nach außen geleitet werden soll. Sie wird von Hand in den Wind gedreht. Weil sie klein und leicht waren, ließen sich diese Mühlen einfach versetzen, wenn das Wasser aus dem Graben abgepumpt oder in einer Region die Entwässerung nicht mehr nötig war. Am häufigsten waren diese Mühlen in den Niederlanden (Nordholland, Friesland) und in den Niederungen in Ostfriesland. In Deutschland stehen Flutter heute in Riepe, Bedekaspel, Weenermoor und in Grotegaste in Ostfriesland. In den Niederlanden ist sie noch in den Polderregionen verbreitet.
Bockwindmühle
Balkenkonstruktion einer Bockwindmühle
alte Bockwindmühle in Hannover
Aufbau des Bocks bei der Bockwindmühle Berlin-Spandau
Der älteste Windmühlentyp in Europa ist die Bockwindmühle. Sie lässt sich seit dem 12. Jahrhundert in Europa nachweisen. Zunächst in der Region Belgien und Nordfrankreich bekannt, verbreitete sie sich im Laufe der Zeit über ganz Nordeuropa bis ins Baltikum, wobei sie vor allem im windreichen Norddeutschland anzutreffen war. Daher bekam sie dort auch den Namen Deutsche Windmühle.
Bei diesem Typ Mühle ist das ganze Gebäude samt seinen teilweise schweren Maschinen drehbar auf einem Bock gelagert. Dieser stützt den senkrecht stehenden, meist rund ausgeführten Mühl- oder Hausbaum, der bis in die Mitte des Mühlengebäudes ragt und auf dessen oberem Ende der quer verlaufende vierkantige Mehlbalken, auch Hammer genannt, drehbar gelagert ist. Die Last wird über den Zapfen und den Sattel unter dem Gebäude auf den Hausbaum abgeleitet. Beide sind in Holz ausgeführt und brauchen ständige Wartung (Schmierung, Stabilitätskontrolle). An dieser drehbaren Konstruktion ist der gesamte ausgesteifte Mühlenkasten aufgehängt. Zur Unterstützung der Drehung ist unter dem Gebäude an der Rückseite der stabile Steert (plattdeutsch für „Sterz“, Steuerbalken an der Mühlenkastenrückseite) angebracht, der als Hebel die Drehbewegung unterstützt. Englische Bockwindmühlen (engl. post mills) hatten vielerorts eine großdimensionierte Windrose an einer radgestützten Aufhängung mit Zugangstreppe anstelle der Steertkonstruktion, ebenfalls an der Rückseite angebracht[7]. Der Bock war überwiegend mit einem meist runden Steinbau (Rundbau, engl. roundhouse) umgeben.
Das Müllerhaus hat je nach Baujahr, Lage und Mühlenbauer einen meist rechteckigen, manchmal eher quadratischen Grundriss. Auch die Höhen der Mühlen sind unterschiedlich ausgeführt, genau wie die Lage der an der Rückseite zugeführten Treppe. Das Dach ist meist als Satteldach ausgeführt.
Das Drehlager ist demnach unter dem Mühlengebäude. Damit muss immer das gesamte Gebäude mit den Maschinen dem Wind nachgeführt werden. Zur Unterstützung wurden hier häufig Pflöcke um die Mühle in den Boden gerammt und die Mühle mithilfe eines Flaschenzuges, der zwischen den Pfählen und dem Steert eingespannt wurde, herumgezogen.
Da die komplette Mühle aus Holz konstruiert war, konnte sie abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Das war besonders zu Kriegszeiten wichtig, aber auch wegen dem immer größeren Flächenbedarf der Städte durch den Bevölkerungszuwachs. Viele Windmühlen, die bis dato an einem guten Windplatz standen, wurden windlos, da die Bebauung in der Nähe zunahm und den Mühlen den Wind nahm. Demzufolge wurden viele Mühlen zerlegt und an windgünstigeren Standorten wieder aufgebaut.
Durch die unterschiedliche bauliche Gestaltung des Bocks konnte zusätzlicher Lagerraum gewonnen werden. Außerdem bekamen diese Mühlentypen häufig am Gebäudekasten seitlich angesetzte Taschen, um im Gebäude mehr Platz für Maschinen zu bekommen. Die höchste Bockwindmühle („nl:De Meerlaan“, Ruine) ist in Gistel, West-Flandern, zu finden: ihr Unterbau ist ein 15 m hoher, fünfstöckiger Steinturm mit Galerie unterhalb des 5. Stocks – quasi eine Turmgaleriebockmühle[8].
Koker- oder Köcherwindmühle
Eine Weiterentwicklung war die Kokerwindmühle, auch Wippmühle genannt. Sie entstand aus der Bockwindmühle, indem man den Hausbaum durchbohrte und die Königswelle senkrecht hindurch in den neugeschaffenen unteren Mühlenteil führte. Die Überleitung der Energie aus dem Mühlkasten in den nicht drehbaren unteren Teil erfolgte dann über diese senkrechte Königswelle. Die Mühle selbst drehte sich um ihre Königswelle herum, gelagert auf der „Köcher“ (niederdt./ndl. Koker) genannten, zylindrischen durchführenden Fassung der Welle aus Eichenholz, die beide Gebäudeteile verband. Die Drehebene lag am oberen Ende des Köchers – analog dem Zapfen des Hausbaums einer Bockmühle. Der Köcher war demnach auch als Hausbaumersatz Stütze und Drehbereich für den Mühlenkasten. Am unteren Wellenende, im Untergebäude, ursprünglich die offene Balkenstützkonstruktion des Kokers und damit der Mühle, erfolgte die Übertragung zunächst auf eine archimedische Schraube, denn die ersten Kokermühlen wurden als Schöpfmühlen eingesetzt. Bei Kornmühlen, Sägemühlen etc. dieses Typs wurden das Mahlwerk / Sägewerk und alle Maschinen aus dem einstigen Bockwindmühlengebäude in den unteren festen Unterbau aus Holz oder Mauerwerk ausgelagert. Im Mühlenkasten verblieben damit nur der primäre Antriebmechanismus (Flügelkreuz, Hauptwelle mit Kammrad) und das obere Ende der zur Kraftübertragung nötigen, oben mit einem Bunkler (Kronrad) versehenen Königswelle. Es drehte sich also, genau wie bei der Bockwindmühle, das hier jedoch wesentlich kleinere Mühlenhaus. Neben dem Hauptmechanismus wurden auch alle übrigen Teile aus dem Mühlenkastens in den festen unteren Teil verlagert.
Diese Mühlen waren meist kleiner als Bockwindmühlen und wurden hauptsächlich zu Pumpzwecken oder kleineren Energieleistungen eingesetzt. In Walbeck existiert als einzige Mühle dieses Typs in NRW ein größeres Exemplar einer ehemals niederländischen Säge-Kokermühle (1780) als Kornmühle (1823) mit achtkantigem, über dem Erdgeschoss konisch sich verjüngendem Steinunterbau. In Norddeutschland finden sich noch vereinzelte Exemplare der ehemals weit verbreiteten Kokermühle wie zum Beispiel die Schöpf-Kokermühle in Ihlow-Riepe, die seltene Galerie-Kokerwindmühle (Kornmühle) in Edewecht als Kopie und Original im Cloppenburger Freilichtmuseum, dem Museumsdorf Cloppenburg.
Die baulich kleineren Abarten dieser Mühle heißen Spinnkopfmühle (niederdt. Spinnkoppmöhl / ndl. Spinnenkopmolen).
Turmwindmühlen
Turmholländerwindmühle in Dippoldiswalde OT. Reichstädt mit drehbarer Kappe
Eine Turmwindmühle (niederländische Sprache: torenmolen) ist ein aus Ziegel- oder Naturstein aufgemauerter Turm mit in die Dachkappe eingebautem Getriebe, Mahlwerk im Turmgebäude und angesetztem Flügelkreuz, wie sie seit dem 13. und 14. Jahrhundert auf Burgmauern, Festungsbauten und Stadtbefestigungen (Bottmühle, Köln; Wijk bij Duurstede, Niederlande) errichtet wurde. Die Flügel waren bei diesen frühen Exemplaren nicht in eine andere Windrichtung drehbar und mussten so beim Bau in der Hauptwindrichtung am Mühlenturm angebracht werden. In Europa ist dieser Typ seit dem 14. Jahrhundert hauptsächlich in der Region um das Mittelmeer als dort eigener Typ bekannt. Einfache Getriebe, später auch Königswellen, übertrugen die Energie ins Gebäudeinnere zum Mahlwerk.
Daneben existiert noch die Turmwindmühle des holländischen Typs mit drehbarer Kappe („Turmholländerwindmühle“). Sie hat ebenfalls einen zylindrischen, aus Stein gemauerten Mühlenturm, manchmal auch leicht konisch, ähnlich der Turmwindmühle mit fester Kappe, nur oft gedrungener. Ihr Ursprung geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Sie war in Westeuropa (Westdeutschland, Frankreich, Niederlande, England) verbreitet. In den südlichen Niederlanden haben vier funktionsfähige Turmwindmühlen als Kornmühlen, zum Teil aus der Anfangszeit dieses Mühlentyps, überlebt, drei in der Provinz Gelderland in Lienden (1644), Zeddam (1441) und Zevenaar (1408) und eine vierte in Maastricht-Gronsveld (1623). Ebenso gab es sie in Deutschland (Nordrhein-Westfalen), unter anderem im Kreis Heinsberg im Heinsberger Ortsteil Kirchhoven, im Waldfeuchter Ortsteil Haaren und im Gangelter Ortsteil Breberen, wo drei noch voll funktionierende Turmholländer stehen. Neben vielen außer Funktion stehenden Turmmühlen kennt man die „Steprather Mühle“ als älteste deutsche Windmühle in Funktion (Walbeck). Dazu existierten sie auch in England und Frankreich. Schwerpunktmäßig waren diese Mühlen im Rheinland, in Westfalen und im Osten Deutschlands verbreitet (Mecklenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt).
Der Begriff „Turmwindmühle“ wird zuweilen auch auf konisch gebaute Stein-Holländermühlen (als Galerie-, Berg-, Erdholländer) ausgedehnt (besonders in England). Solche Mühlen heißen in den Niederlanden nie „torenmolens“, sondern stets „ronde stenen (rondstenen)“ stellingmolens (Galeriem.) / beltmolens (Bergm.) / bovenkruiers (Obendreher) / grondzeilers (Grundsegler).
Holländerwindmühle
Erdholländer Rövershagen, Kreis Bad Doberan, Mecklenburg Vorpommern
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde in den Niederlanden die Holländerwindmühle, auch Kappenwindmühle genannt, erfunden. Zumeist ist dieser Typ ein achteckiger (bis zwölfeckiger) hölzerner Bau auf einem soliden Fundament, bei dem nur die obere Kappe mit einem Steert (ein Balkensystem am Haubenende zum Vordrehen der Kappe) oder der Windrose drehbar ist. Durch die hoch gelegte Drehebene konnte das ganze Gebäude größer und stabiler ausgelegt werden. Damit waren auch größere Flügelkreuze möglich und somit eine wesentlich höhere Leistung (bis zu 30 kW). In Norddeutschland existieren einige achtkantige Windmühlen in Holzbauweise (selten in Ganzsteinbauweise) mit einem ebenfalls achtkantigen, bis sechsstöckigen Ziegelunterbau (Sockel, inklusiv Galerieboden) enormer Höhe. Beispiele sind die Hager Windmühle in Hage bei Aurich (mit 30,2 m Kappenhöhe Deutschlands höchste Windmühle), die Vareler Windmühle (mit über 29,8 m Kappenhöhe Deutschlands zweithöchste Windmühle) und die Windmühle Amanda in Kappeln (steinerner Achtkant mit fünf Böden inklusive Galerie auf vierstöckigem, quadratischem Steinsockel), die mit 29 m Kappenhöhe höchste Windmühle in Schleswig-Holstein.
Durch die wesentlich größere Bauhöhe der Holländerwindmühlen war es nicht mehr möglich, die Flügel bzw. den Steert zu erreichen. Deshalb wurde eine Art Balkon, eine umlaufende Galerie (ndl. stelling), um die Mühle angebracht, von der sowohl die Flügel als auch der Steert bedient werden konnten. Diese Typen werden als Galerieholländer (ndl. stelling molen) bezeichnet (Beispiel: Britzer Mühle). Höchste Mühlen dieser Art und auch der Welt sind die Mühlen De Nolet (2006; 43 m Kappenhöhe) und De Noord (1807; 33,5 m Kappenhöhe) in Schiedam, beides konische Steinwindmühlen (siehe auch Abschnitt „Turmwindmühle“).
Ein andere Möglichkeit, das Flügelrad höher zu bauen, wurde dadurch erreicht, dass Erde aufgeschüttet wurde, auf der das Gebäude zu stehen kam – ein teilweise begehbarer Wall entstand um die Mühle. Diese Typen werden als Berg- oder Wallholländer bezeichnet (ndl. bergmolen oder beltmolen).
Ebenerdig gebaute Holländermühlen heißen Erdholländermühlen (Erdholländer), die in den Niederlanden grondzeiler (dt. „Grundsegler“) oder bovenkruier (siehe „Flügelnachführung“) heißen, da die Flügel fast bis auf den Boden reichen. Solche Mühlen stehen in Gebieten ohne Windbehinderung (Nordholland, Ostfriesland).
Bei höherer Anschüttung ließ sich eine Durchfahrt durch den Wall und das Mühlenfundament bauen. Diese Sonderform nennt man Durchfahrtholländer, bei denen man mit dem Fuhrwerk oder Traktor auf der einen Seite in den Mühlensockel hinein und an der anderen Seite wieder hinaus fahren konnte. Mitten in der Durchfahrt, quasi im Mühlenkeller, wurden dann die Mehl- oder Getreidesäcke mit dem mühleneigenen Hebezug auf- und abgeladen (Beispiel: Grottenhertener Windmühle). Prinzipiell lassen sich Mühlentypen (antriebs- und gehäusebedingt) kombinieren: ein Galerieholländer auf einem hohen Erdwall als Galerie-Durchfahrtholländer. Eine seltene Sonderform ist der Dachholländer, der auf ein bereits bestehendes Gebäude oder eine Wassermühle aufgesetzt wird.
Holländerwindmühlen leiten ihre Energie, bis auf ganz wenige Ausnahmen, mittels einer Königswelle in das Gebäude. Dazu sind die Flügel über die Flügelwelle bis hin zur senkrecht durch das Gebäude laufenden Königswelle eine Einheit und direkt über Getrieberäder verbunden. Dies kann im normal laufenden Betrieb nicht getrennt werden, so dass bei drehenden Flügeln die Energie im Gebäude von der drehenden Königswelle abgenommen und auf die angeschlossenen Maschinen verteilt werden kann. Die Holländerwindmühle verbreitete sich in Nordeuropa sehr stark. Lediglich die hohen Baukosten beeinträchtigten ihre Verbreitung.
Paltrockwindmühle
Paltrockwindmühle in Petkus mit Jalousieklappen und Windrose
Eine parallele Entwicklung zur Holländerwindmühle war die Paltrockwindmühle. Sie ist ein komplettes Gebäude, das auf einem Rollenkranz auf Bodenebene in den Wind gedreht wird. Damit wird das ganze Gebäude in den Wind gedreht und nicht wie bei der Holländerwindmühle nur die Flügel mit der Kappe. Häufig wurde sie in Deutschland aus einer Bockwindmühle umgebaut, indem der Bock entfernt und das Gebäude auf den erwähnten Rollenkranz gesetzt wurde. Dadurch erhöhte sich die Stabilität, und es steht oberhalb genug Raum zur Verfügung, der jedoch mit gedreht werden muss, was statisch berücksichtigt werden musste. Paltrockwindmühlen waren zumeist kostengünstiger als die Holländerwindmühlen mit annähernd gleicher Leistungsfähigkeit, so dass viele Müller diesen Typ bevorzugten. Der Name leitet sich von der Ähnlichkeit des Mühlengebäudes mit dem mantelartigen Gewand Pfälzer Einwanderer in die Niederlande ab, dem „Pfalzrock“ (niederdt. Palzrock / ndl. Palzrok). Das Wort wurde im Laufe der Jahre zu „Paltrock“ (niederdt.) / „Paltrok“ (ndl.) verschliffen. Die zuweilen zu lesende Ableitung „Paltrock = Faltrock“ ist falsch. Der Faltrock heißt im Niederländischen „plooirok“.
Sonderformen
Einige Mühlenbaumeister setzten nicht nur auf eine Energieform, sondern kombinierten die Wasserkraft mit der Windkraft. Es entstanden so genannte Windwassermühlen. Sie standen an einem Bach, dem die Energie durch eine Wassermühle entnommen wurde. Wenn der Standort genug Wind versprach, wurde diese durch eine aufgesetzte Windmühle ergänzt. Die Kraft wurde auf die gleiche Königswelle übertragen, die je nach Gegebenheiten entweder durch die Wind- oder in Grundlast durch die Wasserenergie angetrieben wurde. Von diesem Windmühlentyp gibt es nur noch ganz wenige Mühlen. Neben der im Emsland stehenden Hüvener Mühle sei die Klostermühle in Lahde an der westfälischen Mühlenstraße im Kreis Minden-Lübbecke erwähnt.
Eine weitere, jedoch nicht seltene Sonderform einer Windmühle ist die der Westernmill, welche zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika millionenfach verbreitet war und meist im Inselbetrieb auf Farmen wohl seltener zum Kornmahlen als vielmehr zum Wasserpumpen oder auch schon zur Stromerzeugung genutzt wurde. Bei dieser Bauweise ist der Name Windmühle weniger gebräuchlich, wohl wegen des unterschiedlichen Hauptverwendungszweckes und der Bauweise, bei der das Mühlengebäude durch eine einfache Gitterkonstruktion ersetzt wurde. Wegen der typischen Erscheinung mit einer Vielzahl von Flügeln wird diese Form auch amerikanische Windrose oder einfach nur Windrad genannt.
Flügelarten
Fünfflügelige, linksdrehende Windmühle Dobson, Burgh le Marsh, England
Wendhäuser Mühle mit fünf Flügeln
Windmühlen sind Windkraftmaschinen, das heißt sie gewinnen ihre Energie aus dem Wind durch die Windmühlenflügel. Die Flügel sind schräg stehende Flächen, die dem senkrecht zu ihrer Drehkreisebene stehenden Winddruck so ausgesetzt werden, dass sie zur Seite hin ausweichen und so den Winddruck in eine Kreisbewegung auf ihrer gemeinsamen Drehachse umsetzen. Dies wird durch den Auftrieb am Flügel bei zunehmender Drehgeschwindigkeit überlagert. Dabei dreht sich die innere Kreisbahn in Achsnähe über die Flügellänge gesehen langsamer als die äußere Kreisbahn an den Flügelspitzen. Entsprechend muss die schräg stehende Fläche in einem Flügel unterschiedlich steil zum Wind angestellt sein. Der genaue Winkel in der Verdrehung der Flügel über die Länge des Flügels war lange Zeit ein Geheimnis der Mühlenbauer, die so die Windkraft optimal ausnutzten. Allgemein gilt, dass der Winkel der Steilheit am Flügelende am kleinsten, zur Drehachse hin am stärksten ist. Windmühlen funktionieren also nach dem Prinzip der Auftriebsläufer, auch wenn der Auftrieb erst bei den späteren Flügelentwicklungen konsequent genutzt wurde.
Ein Flügel besteht aus einer Rute aus Holz oder Metall und der Flügelfläche, die durch die Rute in zwei Teile unterschiedlicher Breite geteilt wird. Der schmalere, in Bewegungsrichtung liegende Teil heißt Vorderzeug oder Vorderhecken. Er ist nur halb so breit wie das Hinterzeug oder Hinterhecken. Quer zur Rute sind alle 30 bis 50 cm so genannte Scheiten durchgesteckt, die durch die Saumlatten abgeschlossen werden.
Die zur Flügelwelle rechtwinklige Ebene, in der sich die Flügel drehen, also ihre Drehkreisebene, nennt man Windebene. Alles davor liegende nennt man vor dem Winde, alles dahinter liegende unter dem Winde. Bei den am meisten verbreiteten vierflügligen Windmühlen sind je zwei Ruten als Rutenpaar hintereinander im rechten Winkel zueinander in den Flügelwellkopf eingesteckt. Das äußere Ruten- oder Flügelpaar sind die Feldruten, das innere, dem Mühlengebäude zugewandte Paar, die Hausruten. Windmühlen drehen sich fast immer im Uhrzeigersinn, vom Müller in der Mühle (unter dem Winde) aus betrachtet, die wenigen, gegen den Uhrzeigersinn sich drehenden, heißen deshalb oft „falsche Mühlen“. Ein Beispiel für einen „Linksdreher“ ist die fünfflügelige, fünfstöckige Turmwindmühle Dobson (Dobson's Mill) in Burgh le Marsh, Lincolnshire, England.
Fünfflüglige Windmühlen, im 19. Jahrhundert im Osten Deutschlands nicht selten, sind bis auf die Wendhäuser Windmühle im Lehrter OT Wendhausen[9] (Deutschlands einzige verbliebene wind- und mahlgängige fünfflügelige Windmühle) und den ehemaligen fünfflügelige Mühlen in Naumburg (desolater Zustand ohne Flügel und Galerie) und Flechtingen (ausgebrannter Mühlenstumpf) verschwunden (Liebemühle Obercunnersdorf[10], Windmühle Malliß, 1875–1948[11]). Diese Mühlen benötigen wegen der ungeraden Flügelzahl einen speziellen fünfstrahligen Wellkopf aus Metall mit fünf rechteckigen Hülsen, in die die einzelnen Ruten eingesteckt und befestigt werden, oder andere, adäquate Befestigungsvorrichtungen. Sechs- oder achtflüglige Windmühlen (in England keine Seltenheit; es gab im 19. Jahrhundert etliche fünf- (heute noch Alford, Dobson, Maud Foster), sechs- (Sibsey, Heage, Waltham) und zwölf achtflügelige Mühlen (Beispiel Heckington)) haben dementsprechend einen sechsstrahligen oder achtstrahligen Wellkopf. In England entwickelte dazu der Ingenieur John Smeaton das wegen seiner Verbreitung in der Grafschaft Lincolnshire danach benannte gusseiserne Lincolnshire Kreuz (engl. Lincolnshire Cross). Hier liegen wie bei der fünfflügligen Mühle alle Flügel in einer Ebene. Diese Anordnung wurde in England auch bei vierflügligen Mühlen angewandt, war aber sonst selten gebräuchlich. Achtflügelige Mühlen lassen sich auch mit nur vier Flügeln, sechsflügelige mit sechs, drei oder nur zwei Flügeln betreiben.
Die historische amerikanische Windmühle, die bei uns eher als Windrad oder Windrose bekannt ist, hatte meist eine Vielzahl von mindestens sechs, meist jedoch mehr Flügeln. Es gibt Modelle mit zwölf und vierundzwanzig oder auch mehr Flügeln. Die Amerikaner nutzen durchaus den Namen „Windmill“, also Windmühle, für ihre Konstruktion. Die vielen Flügel ergeben bei schwachem Wind eine gute Drehkraft und werden bei Starkwind von einer teils abklappbaren und teils steifen Doppelwindfahne mitsamt dem ganzen Rotor automatisch aus dem Wind gedreht.
Im Laufe der Zeit wurden sehr viele Flügeltypen entwickelt. Im Folgenden werden die bekanntesten vorgestellt.
Segelgatterflügel
Der Segelgatterflügel besteht aus einem Gitterkreuz aus Latten, das mit einem Segeltuch bespannt werden muss, um die Fläche aufzuspannen. Diese Flügel müssen zu Beginn der Arbeit einzelnen besegelt werden, das heißt jeder einzelne Flügel muss bestiegen und die Segel mit Leinen auf dem Flügel gespannt werden. Die Segel sind aus Segeltuch, ähnlich einem Schiffsegel, gefertigt, mit einem Schutzanstrich versehen und einem Liektau eingefasst. An der Segelvorderkante wird das Segel mit dem Liektau in Knaggen an der Rute eingehakt und an der Hinterkante mit Leinen festgemacht, welche über die die Saumlatte überragenden Scheidenenden geworfen werden. Abhängig von der Windstärke muss die Segelfläche während der Arbeitszeit verkleinert oder vergrößert werden. Die Segel werden gerefft oder ausgelassen, das heißt Teile der Besegelung werden zurückgenommen oder ausgeweitet. Eine Arbeit, die im Sommer angenehm war, im Winter bei Schnee und vereisten Leinen nicht ungefährlich sein konnte. Der Brand vieler Mühlen infolge Überdrehens durch orkanartige Winde und Heißlaufen der Bremse lag oft an der zu spät verkleinerten Windfläche (Segel, Türen) oder an einer unzureichenden Bremse zur Feststellung des Flügelkreuzes.
Türenflügel
Ein weiterhin weit verbreiteter Flügeltyp sind die Türenflügel. Die Flügelfläche wird hier durch große Holzbretter (auch Türen genannt) aufgebaut, die in die Gitter der Flügel eingehängt werden.
Bei den bisher besprochenen Flügeltypen Segelgatterflügel und Türenflügel muss die Mühle angehalten werden, um die Flügelfläche zu verkleinern, wenn der Wind zunimmt. Bei vier Flügeln also vierfach, was zu hohem Aufwand führte.
Jalousieklappenflügel
Jalousieflügel an der Malchower Mühle, hier ist das Vorheck mit Bremsklappen ausgerüstet
Zunächst bei den Holländerwindmühlen, später auch bei anderen Mühlentypen, verbreiteten sich die Jalousieklappenflügel oder, wie sie auch genannt werden, die Jalousieflügel. Hier wird die Flügelfläche durch Jalousienklappen gebildet. Sie können senkrecht zum Wind gestellt werden und bilden damit eine Flügelfläche. Nach Beendigung der Arbeit werden sie wieder waagerecht gestellt, so dass der Wind ungebremst hindurchwehen kann. Dieser Typ kann während der Drehbewegung der Flügel, also während des Betriebes, über einen zentralen Verstellmechanismus angesteuert werden, so dass zur Verstellung der Jalousien die Mühle nicht abgebremst werden muss. Damit war es möglich, schneller und auch automatisch mittels Fliehkraftregelung auf die unterschiedlichen Windstärken zu reagieren und die Maschine „Windmühle“ nicht so stark den schwankenden Drehzahlen durch böige Winde auszusetzen und damit einen gleichmäßigeren Lauf zu erreichen. Der aus dem Flügelwellenkopf herausragende Verstellmechanismus der Jalousien wird Spinnenkopf genannt.
Diese Entwicklung setzte sich vor allem in den mittleren Bereichen von Deutschland durch, in den Niederlanden gibt es weitgehend Segelgatterflügel. Paltrockwindmühlen sind im mittleren Deutschland bauartbedingt mit Windrose und Jalousienflügeln ausgestattet.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es an den Flügeln mehrere Verbesserungen aerodynamischer Art, da Überlegungen aus der Aerodynamik der Flugzeugflügel auf Windmühlenflügel übertragen wurden. Diese haben sich aber nur sehr vereinzelt durchgesetzt und fanden erst bei der Entwicklung der neuen Windkraftanlagen größere Anwendung.
Bilausche Ventikante
Die mit Bilauschen Ventikanten ausgestattete Windmühle in Kleve-Donsbrüggen
Diese Art modernster Windmühlenflügel gehen auf den deutschen Ingenieur, Flugzeugkonstrukteur und Fliegermajor (Erster Weltkrieg) Kurt Bilau zurück. Er entwickelte zwischen 1920 und 1924 mit Albert Betz diesen als eine der letzten großen Erneuerungen in der Windmühlentechnik zu nennenden Windmühlenflügeltyp aus seinen Erfahrungen im Flugzeugbau und nannte ihn Bilauschen Ventikanten (lateinisch venti = Winde, zu deutsch = „Windkanten“). Dieser Flügel ist nach wissenschaftlichen Methoden unter Zuhilfenahme aerodynamischer Optimierung konstruiert und hat das Ziel, die Windausbeute durch Verringerung der strömungsbedingten Energieverluste zu steigern und damit die wirtschaftliche Nutzung der Windmühle zu erhöhen. Im Zuge des Mühlensterbens nannte man Bilau ehrenvoll den „Retter der Windmühlen“. Der Visionär Kurt Bilau sah auch voraus, dass die Windmühlen von übermorgen nur noch drei aerodynamisch konstruierte Flügel haben würden – wie es bei modernen Windkraftanlagen der Fall ist. Die erste Mühle, die mit den Ventikanten ausgestattet wurde, war die Ristedter Mühle in Syke. Ihre Leistung konnte auf das dreifache gesteigert werden. Die Leichtmetallflügel, entworfen nach dem Vorbild von Flugzeugtragflächen, bestehen aus zwei annähernd V-förmig zueinander angeordneten Flügelflächen (Vorderheck, Hinterheck), zwischen denen ein Längsspalt besteht. Dieser Spalt zwischen den beiden Flügelflächen konnte je nach Windstärke während des Betriebes durch einen Stellmechanismus geschlossen oder geöffnet werden kann, das heißt das Hinterheck konnte um die Längsachse geschwenkt werden. Bei geschlossenem Spalt wirkte das Heck als Segelfläche, aufgeklappt als Bremse. Die Mühle verfügte damit neben der Achsbremse über einen eigenen Windbremsmechanismus. Das Flügelkreuz konnte auf diese Weise bei voller Windstärke nach zwei bis drei Umdrehungen angehalten werden. Mit einer Windrose als Flügelnachführsystem und einem Fliehkraftregler konnte der Antrieb einer solchen Mühle automatisch gesteuert werden. Schon bei schwachem Wind drehten sich diese Flügel und bewegten die Mühlsteine.
Nachteilig an den Ventikanten war ihr konstruktionsbedingtes Gewicht (Flügelkreuz ~ 12 t bei 24 m Flügeldurchmesser) und ihr hoher Preis. Etliche Mühlenbauer wendeten das Bilausche System noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts an, so dass es in Deutschland einst mehr als 140 Mühlen mit diesem speziellen Antriebssystem gab, von denen nur noch zehn existieren (zum Beispiel Donsbrügger Mühle (Kleve-Donsbrüggen), Reeser Scholtenmühle, Breberer Mühle, Stommelner Mühle im Rheinland; Neubukower Mühle in Mecklenburg-Vorpommern und Turmholländerwindmühle Pahrenz in Hirschstein, OT Pahrenz, Sachsen).
Segelstangenflügel
Dieses im Mittelmeerraum stark verbreitete einfache Flügelsystem besteht aus segelbespannten Stangenruten. Dazu werden vier, fünf oder sechs Stangen in der Länge des vollen Flügelkreuzdurchmessers hintereinander durch das herausragende Ende der hölzernen Flügelachse gesteckt und mit Drahtseilen untereinander und nochmals zentral zum Achsenende miteinander verspannt. So ergibt sich ein Flügelrad aus acht, zehn oder zwölf Flügeln, die mit Dreieckssegeln bespannt werden. Windmühlen dieser Art nennt man Segelwindmühlen.
Flügelnachführung
Galerieholländerwindmühle mit Steert und Haspel
Selten: Doppelwindrose, hier bei der „Moorseer Mühle“ in der Wesermarsch.
Windmühlen müssen immer in den Wind gedreht werden, damit dieser von vorne zur optimalen Energieausnutzung auf die Kreisebene des Rades blasen kann. Damit dies auch bei wechselnden Windrichtungen geschieht, muss also diese Ebene des Flügelkreuzes zur Windrichtung hin nachgedreht werden. Dazu ist auf der Rückseite des Mühlenkastens bei Bock- und Kokerwindmühle oder der Haube bei Holländer- und Turmwindmühle der Steert genannte Balken zum Vordrehen angebracht. Er besteht insgesamt aus meist fünf, selten drei Balken: der mittlere Balken, der eigentliche Steert, und die beiden (oder das eine) V-förmige(n) Balkenpaar(e) – die Schwerter oder Schoren, die an zwei (einem) durch Kappe/Mühlenkasten laufende(n) Querbalken (Spreetbalken) angeschlagen sind. Da bei einer Bockwindmühle das gesamte Gebäude mit allen Maschinen und den Flügeln in den Wind gedreht wurde, kam einiges an Gewicht zusammen. Zur Unterstützung wurden deshalb rings um die Bockwindmühle Pfähle in den Boden gerammt. Diese wurden mithilfe eines Flaschenzuges (oder Ketten und Stellrad (Krüh- oder Kroyhaspel)) mit dem Steert verbunden, und so die Mühle in die neue Windrichtung gedreht.
Bei den Holländerwindmühlen musste nur die Haube in den Wind gedreht werden (ndl. bovenkruier, Obendreher). Entweder wurde der Steert ohne Hilfsmittel in den Wind gedreht oder am Ende des Steerts eine Winde (Stellrad) oder Haspel, die so genannte Krühhaspel (niederdt. Kroyhaspel von ndl. kruihaspel), auch Krühwerk genannt, angebracht. Dies ist eine Kurbel, auf der ein oder zwei Ketten aufgedreht wurden. Die losen Enden der Ketten wurden an der Galerie bzw. auf dem Boden verankert. Diese Kette wurde auch an den Krühpfählen, die rund um den Mühlenberg im Erdreich eingelassen waren, befestigt, so dass die Flügel mit der Kroyhaspel in den Wind gekrüht (ndl. gekruit) wurden. Deshalb heißen in den Niederlanden Windmühlen mit solch einem Außenkrühwerk buitenkruiers (Außenkrüher, Außendreher).
Des Weiteren gibt es wenig verbreitete Binnendreher (ndl. binnenkruiers) mit in der Haube eingebautem Krühmechanismus. Die Haube kann dabei von innen mit einer Kurbel gedreht werden (zum Beispiel die wegen der gewaltigen Haube gedrungen wirkenden Schermerhornmühlen in Nordholland und viele Turmwindmühlen). In England bevorzugte man in bestimmten Gegenden ein Innenkrühsystem mit einem überdachten, von unten über eine Endloskette zugänglichen Kettenrad am Ende der meist bootsförmigen, mit Dreiecksgiebeln versehenen Kappe (zum Beispiel in Norfolk).
In Nordeuropa und Ostdeutschland sind etliche Holländerwindmühlen mit einer Windrose nachgerüstet worden. Die Windrose, ein Windrad von bis zu mehr als 2 m Durchmesser und 6 bis 12 Flügeln, wurde 1743 nahe Wigan, England, von Edmund Lee, einem Schmied, erfunden (1745 Patent), und dort unter anderem zuerst zur Haubennachführung eingesetzt. Es wurde über dem hinteren Teil der Mühlenhaube im rechten Winkel zum Flügelrad im Wind montiert, so dass die Mühle über ein Getriebe selbständig in den Wind gedreht wurde. Diese Windrose wurde überwiegend bei den Typen Holländer- und Paltrockwindmühle eingesetzt, in England, wo sie recht gewaltige Ausmaße (über 3 m Durchmesser) annahmen, auch bei Bockwindmühlen und sehr selten bei Kokerwindmühlen. Überwiegend sind diese Windrosen einrädrig, doch setzten einzelne Mühlenbauer auch Doppelwindrosen (zwei Windrosen nebeneinander auf einem Gestell) ein – diese haben sich jedoch kaum durchgesetzt.
Kulturgeschichte
Erhaltung
Die Haube der Moorseer Mühle wird erneuert
Im Hinblick auf die Erhaltung der Windmühlen als historische Zeugen unserer Entwicklung zeugt der Zustand vieler mühsam restaurierter und gepflegter Windmühlen von einer besonderen Wertschätzung vieler Menschen zu diesen Bauwerken, die sich dank Ihrer Funktionsweise harmonisch in die Natur einfügen. Das dürfte bereits in früheren Zeiten so empfunden worden sein, zumal beim Bau der Mühlen offensichtlich auf das ästhetische Erscheinungsbild geachtet wurde. Die Erhaltung bis hin zur funktionstüchtigen Instandsetzung der Mühlen wurde im Laufe der letzten Jahrzehnte intensiv vorangetrieben. Dabei hatten persönlicher Einsatz und Opferbereitschaft von Privatpersonen und Liebhabern den Löwenanteil der Mühe und Last zu tragen. Einzelne Freunde der Windmühlen machen sich dabei die Windkraft und die Arbeitsleistung der Windmühlen selbst zunutze. Auch als Kleinmuseen und in Freilichtmuseen hergerichtete Mühlen tragen ein Scherflein dazu bei. Nahezu jedes mindestens mittelgroße Freilichtmuseum in Norddeutschland, den Niederlanden, Flandern, und Dänemark besitzt eine oder mehrere Windmühlen. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Windmühlen in den Museen Zaanse Schans nördlich von Amsterdam und dem Internationalen Wind- und Wassermühlen-Museum in Gifhorn. Berühmt in Spanien sind insbesondere die Mühlen von Campo de Criptana und von Consuegra. Dennoch besteht unverändert an verschiedenen Standorten Erhaltungsbedarf für diese alten Zeitzeugen. Vom Wurmstich betroffene Werke und ruinöse Reste vieler Windmühlen warten mancherorts auf den Kenner und Liebhaber, der sie wieder in alter Schönheit erscheinen lässt. Da die Instandhaltung von Windmühlen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden ist, sind selbst manche Mühlen in Museen nicht in optimalem Erhaltungszustand.[12] Ein anderes Problem sind neue Nutzungen. Wird eine Windmühle als Wohnung genutzt[13] oder als Heimatmuseum wie zum Beispiel in Esens, so wird die Mühle entkernt und die Mechanik geht verloren.
Namensgebung
8-flüglige Turmgaleriewindmühle Heckington, Lincolnshire, von 1830
Windmühlen tragen wie alle herausragenden Gebäude einen Namen. In Deutschland folgt die Namensgebung überwiegend dem Mühlenstandort, dem Erbauer oder dem früheren oder derzeitigen Eigner (meist Müller) oder deren Bezugsperson sowie herausragenden Merkmalen.
Nach ihrem Standort benannte Mühlen führen den Standort als Ortsnamensadjektiv vor dem Begriff Windmühle oder als Ortsnamen dahinter: Breberer Windmühle oder Windmühle Breberen. Eine andere Variante ist die Angabe der Himmelsrichtung wie Westmöhl (Westmühle) oder Südermühle. Windmühlen, die nach dem Erbauer oder Müller benannt sind, führen den Nachnamen als Namensadjektiv vor dem Begriff Windmühle, zum Beispiel Stechansche Mühle, selten Mühle Stechan (die heutige Britzer Mühle wurde nach dem zweiten Besitzer benannt). Nach Personen benannte Mühlen erhalten nach Stilllegung später oft einen ortsbezogenen Namen, da die ehemalige Müllers- oder Eignerfamilie nicht mehr in Bezug zur Mühle steht. In einigen Fällen wurden Mühlen nach Verwandten des Müllers oder Erbauers benannt, zum Beispiel nach der Ehefrau, wie die rund 30 m hohe Windmühle Amanda in Kappeln, eine der höchsten Windmühlen in Deutschland und Europa, oder die Windmühle Anna in Norby. Unter Eigenschaften wären Namen wie Bannmühle, Peldemühle (heute heißt so die Museumsmühle in Wittmund) oder Rote Mühle zu nennen. Besonders in Ostfriesland und Schleswig-Holstein finden sich auch Windmühlennamen, die auf ein gutes Gelingen der Arbeit hinweisen wie bei Bergwerken, zum Beispiel Glück zu (Müllergruß), Fortuna oder Hoffnung. Im Emder Raum finden sich auch niederländische Namen wie De Goede Verwachting oder De Vrouwe Johanna.
Im Nachbarland Niederlande verläuft die Namensgebung überwiegend anders. Dort erhalten Mühlen einen Namen, der seltener eine bestimmte Person, sondern meist alltägliche Begriffe wie Tier- und Pflanzennamen, Eigenschaften oder Gegenstände etc. bezeichnen wie zum Beispiel De Hoop (Hoffnung), De Vrijheid (Freiheit), De Eendragt (Eintracht), De Noord, De Palmboom (Palmbaum), De Walvisch (Wal), De Steene Molen (Steinerne Mühle), De Brandersketel (Brennerkessel), De Witte (Die Weiße). Infolgedessen tragen in den Niederlanden mehrere Mühlen identische Namen. Zuweilen werden auch dort Windmühlen nach dem Standort benannt wie die größte Kokerwindmühle, die „Wingerdse Molen“ bei Dordrecht, oder die Wimmenumer Molen in Wimmenum bei Egmond. Nach ihrem Gründer, Eigner oder ‚Patron‘ wurden etwa die weltweit höchste Windmühle „De Nolet“ (Brennerdynastie in Schiedam) oder De Wilhelmina (nach Königin Wilhelmina von Oranien-Nassau) benannt.
Namen und Baujahr stehen in den Niederlanden auf dem Schmuckschild an der Vorderseite der Kappe unterhalb des Flügelkreuzes. Deutsche Mühlen tragen, wenn überhaupt, dort seltener ihren Namen, eher einen Sinnspruch wie „Ech kier de Nuet on schaff öch Bruet, Doch Korn on Kear jieft Gott, der Heär“ (Ich breche die Schale und schaffe Euch Brot, Doch Korn und Kern Gibt Gott, der Herr) oder die Baujahreszahl.
In England werden Windmühlen vorwiegend nach dem Standort benannt (zum Beispiel Heckington, Alford, Sibsey, Waltham (Lincolnshire), Sutton (Norfolk), Heage (Derbyshire)), daneben auch nach dem Eigner (zum Beispiel Dobson, Hewitt, LeTall (Lincolnshire)) oder nach relevanten Begriffen aus der Umgebung der Mühle wie Flurbezeichnungen und Wegnamen (Carsington Pasture, Fordbridge Lane (Turmmühlen in Derbyshire)).
In Dänemark und Schweden werden Mühlen vorwiegend nach dem Standort benannt, wie die Agersø Mølle, Agersø, die Blåbæk Mølle, Blåbæk, oder die Gedesby Mølle, Gedesby, oder nach Personen wie die Christiansmølle, die Gøhlmanns mølle (beide Dänemark) oder die Kulla Gunnarstorps Mölla in Helsingborg in Schweden.
In Frankreich erfolgt die Namensgebungen seltener nach dem Standort (wie die Mühle St. Poucy in St. Poucy, Auvergne), sondern eher nach Namen, Personen, Heiligen und Merkmalen, die in einem wesentlichen Bezug zur Mühle standen oder stehen, wie zum Beispiel die Mühle Alphonse Daudet (frz. Moulin d'Alphonse Daudet) in Fontvieille, Provence, benannt nach dem gleichnamigen Schriftsteller, der dort ein Zeit lang wohnte. Früher hieß die Mühle Ribet oder Saint-Pierre.
Einen sehr treffenden Namen trägt eine spanische Turmwindmühle in der La Mancha bei Consuegra: Alcancía (Spardose).
Windmühlen in der Literatur
Die berühmte literarische Gestalt Don Quijote erblickte in den Windmühlen riesenhafte Gegner, die er zum Zweikampf zu stellen trachtete. Daher bezeichnet die Redensart „gegen Windmühlen kämpfen“ heute einen leidenschaftlichen Feldzug gegen eine eingebildete, ungreifbare Gefahr. Miguel de Cervantes, der Schöpfer der Figur, schrieb dazu: „Windmühlen muss jeder erkennen, der nicht selber Windmühlen im Kopfe hat.“